Was passiert eigentlich, wenn Du als Angestellter länger als ein paar Tage bei der Arbeit ausfällst? Eine Genesung nach einem Unfall oder bei chronischen Krankheiten kann Wochen, manchmal Monate dauern.
In diesem Fall springt die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ein und unterstützt Dich mit dem sogenannten Krankengeld.
Was genau das ist, was Deine Rechte und Ansprüche sind, wenn Du arbeitsunfähig bist, und wie Du Krankengeld beantragst, erklären wir Dir in unserem Ratgeber.
Wie unterscheiden sich Lohnfortzahlung und Krankengeld?
Wenn Du krank bist, zahlt Dein Arbeitgeber für bis zu sechs Wochen (oder 42 Tage) weiterhin Dein Gehalt – das nennt sich Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Fällst Du länger aus, gibt es Krankengeld von der Krankenkasse. Schauen wir genauer rein.
Wer hat Anspruch auf Lohnfortzahlung?
Grundsätzlich hat jeder sozialversicherungspflichtige Beschäftigte, der krankheitsbedingt ausfällt, Anspruch auf bis zu sechs Wochen volle Lohnfortzahlung. Dazu zählen Arbeitnehmer, aber auch Minijobber oder angestellte Rentner.
Doch es gibt Ausnahmen:
- Hast Du gerade erst einen neuen Job begonnen, ist die Lohnfortzahlung erstmal ausgesetzt. Genauer gilt eine Wartefrist von vier Wochen ab Jobbeginn, in der Du bei Krankheit kein Geld erhältst. In der Zwischenzeit gibt es allerdings Krankengeld (s. nächster Abschnitt). Die Wartezeit auf Lohnfortzahlung verkürzt den Anspruch nicht. Neulinge im Job bekommen ab Woche 5 ebenfalls für bis zu sechs Wochen weiter das volle Gehalt.
- Der Arbeitgeber darf Dir in der Probezeit allerdings ohne Angaben von Gründen kündigen. In dem Fall spart er sich die Lohnfortzahlung.
- Bist Du arbeitslos, bekommst Du für bis zu sechs Wochen weiter Arbeitslosengeld I (ALG I) oder Bürgergeld (ehemals Arbeitslosengeld II).
Gut zu wissen: Hast Du selbst gekündigt, bist Du in der Regel für 12 Wochen für ALG I gesperrt. In dieser Zeit hast Du, egal ob arbeitsfähig oder krank, auch keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung.
Wer hat Anspruch auf Krankengeld?
Wer sozialversicherungspflichtig angestellt und in der gesetzlichen Krankenkasse krankenversichert ist, hat nach Ablauf der 42 Tage Lohnfortzahlung Anspruch auf Krankengeld. Auch hier gibt es Ausnahmen:
- Bürgergeld-Empfänger, Minijobber, Studenten in der studentischen Krankenversicherung und Familienversicherte bekommen hingegen erst einmal kein Krankengeld. Das Gleiche gilt, wenn ein Arbeitsvertrag auf weniger als 10 Wochen befristet ist.
- Möchtest Du dennoch Krankengeld erhalten, musst Du, ebenso wie freiwillig GKV-versicherte Selbstständige, eine sogenannte Wahlerklärung bei Deiner Krankenkasse abgeben. Statt des ermäßigten Beitrags von 14 Prozent (ohne Krankengeldanspruch) zahlst Du den normalen Beitragssatz von 14,6 Prozent Deines Bruttoeinkommens plus Zusatzbeitrag (und diesen komplett).
Anspruch auf Krankengeld hast Du eigentlich ab dem 1. Tag Deiner Krankheit. Falls der Arbeitgeber die ersten 42 Tage einspringt, zahlt die Krankenkasse erst ab Tag 43. Voraussetzung ist, dass Du immer wegen derselben Krankheit krankgeschrieben bist.
Hast Du gerade erst Deinen Job neu begonnen, ist die Lohnfortzahlung für vier Wochen ausgesetzt. In dem Fall zahlt die Krankenkasse direkt Krankengeld. Als Neuling im Job bekommst Du so ebenfalls ab Tag 1 Geld.
Wie lange gibt es Krankengeld?
Manche Krankheiten und deren Heilung ziehen sich hin. Deshalb ist es gut, dass die Krankenkassen für bis zu 72 Wochen Krankengeld bezahlt. Inklusive der sechs Wochen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber hast Du also für maximal 1,5 Jahre finanzielle Absicherung.
Die Wochen müssen jedoch nicht alle am Stück anfallen. Bist Du immer wieder wegen derselben Krankheit krankgeschrieben, dann werden die Wochen über 3 Jahre zusammengerechnet – diesen Zeitraum nennt man Blockfrist. Lies mehr dazu im nächsten Abschnitt.
Was ist die Blockfrist beim Krankengeld?
Die Blockfrist ist ein Zeitraum von drei Jahren, der am ersten Tag Deiner Krankschreibung beginnt. Während dieser drei Jahre werden alle Zeiten zusammengezählt, die Du wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig bist. Innerhalb dieses Zeitraums bekommst du für maximal 78 Wochen Lohnfortzahlung bzw. Krankengeld für dieselbe Erkrankung.
Bist Du länger als 12 Monate gesund bzw. nicht wegen derselben Krankheit krankgeschrieben, endet die Blockfrist. Bei erneuter Erkrankung oder einer anderen Erkrankung startet eine neue Blockfrist. Pro Erkrankung gilt also jeweils eine separate Blockfrist.
Ein Beispiel:
Du bist an Depressionen erkrankt und wirst am 10. Mai 2020 erstmals krankgeschrieben. Die Blockfrist für die Diagnose „Depression“ läuft daher vom 10. Mai 2020 bis 9. Mai 2023.
In dem halben Jahr, das Du krankgeschrieben wirst, bekommst Du zunächst sechs Wochen Lohnfortzahlung und anschließend 20 Wochen lang Krankengeld. Im November 2020 gehst Du wieder arbeiten. Nun gibt es zwei Möglichkeiten:
Möglichkeit 1: Innerhalb der nächsten 12 Monate wirst Du wegen Depressionen erneut krankgeschrieben. Du erhältst direkt Krankengeld und die Anzahl der Wochen wird der Blockfrist vom 10. Mai 2020 zugerechnet.
Möglichkeit 2: Du wirst erst nach 13 Monaten wieder wegen Depressionen krankgeschrieben. Da die 12-monatige Frist seit der ersten Arbeitsunfähigkeit (10. Mai 2020) abgelaufen ist, beginnt eine neue Blockfrist. Du hast erneut Anspruch auf Lohnfortzahlung sowie Krankengeld für insgesamt 78 Monate.
Wie viel Krankengeld gibt es?
Bei der Lohnfortzahlung gibt es das volle Gehalt. Beim Krankengeld musst Du mit weniger Geld rechnen:
In der Regel bekommst Du ca. 70 Prozent Deines durchschnittlichen Bruttogehalts der vergangenen 12 Monate, maximal aber 90 Prozent Deines Nettolohns.
- Zum Bruttolohn wird nicht nur das monatliche Gehalt gezählt, sondern auch regelmäßige Zulagen, Zuschläge, Prämien oder Boni.
- Vom Krankengeld werden noch die Sozialabgaben (Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Pflegeversicherung) abgezogen, rund 12,5 Prozent Deines Brutto-Krankengeldes.
- Beiträge zur Krankenversicherung und Steuern sind ausgesetzt, solange Du Krankengeld beziehst.
Krankengeld berechnen
Deine Krankenkasse wird die genaue Höhe des Krankengeldes für Dich berechnen. Doch Du kannst auch einfach selbst ermitteln, wie viel Krankengeld Du in etwa bekommen wirst.
Unsere Beispielrechnungen geben Dir eine erste Idee über die Höhe des Krankengeldes. Basis für die Berechnungen war ein 35-jähriger Arbeitnehmer in Steuerklasse 1, der keine Kirchensteuer zahlt, kinderlos ist und einen GKV-Zusatzbeitrag von 1,2 Prozent bezahlt.
Beispielrechnung 1 (Durchschnittsgehalt):
Bruttolohn: 4.000 Euro (70 % = 2.800 Euro)
Nettolohn: 2.595 Euro (90 % = 2.336 Euro)
In diesem Fall läge das monatliche Brutto-Krankengeld bei rund 2.336 Euro, da nicht mehr als 90 Prozent des Nettolohns gezahlt werden dürfen. Nach Abzug der Sozialleistungen liegt das Netto-Krankengeld noch bei 2.041 Euro – Du müsstest also mit rund 554 Euro weniger pro Monat auskommen.
Beispielrechnung 2 (Mindestlohn):
Bruttolohn: 1.920 Euro (70 % = 1.344 Euro)
Nettolohn: 1.419 Euro (90 % = 1.277 Euro)
In diesem Fall läge das monatliche Brutto-Krankengeld bei rund 1.277 Euro, da nicht mehr als 90 Prozent des Nettolohns gezahlt werden dürfen. Nach Abzug der Sozialleistungen liegt das Netto-Krankengeld noch bei 1.117 Euro – Du müsstest also mit rund 302 Euro weniger pro Monat auskommen.
Krankengeld bei Gehältern oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze
Etwas anders sieht die Rechnung bei hohen Gehältern aus. Durch die Beitragsbemessungsgrenze zahlst Du prozentual weniger Krankenkassenbeitrag. Denn die 14,6 Prozent plus Zusatzbeitrag werden nur bis zur Brutto-Einkommensgrenze von 4.987,50 Euro berechnet – alles, was Du darüber verdienst, ist irrelevant. Doch so bekommst Du auch im Verhältnis weniger Krankengeld.
Beispielrechnung 3 (oberhalb Beitragsbemessungsgrenze):
Bruttolohn: 9.000 Euro (70 % = 6.300 Euro)
Nettolohn: 5.204 Euro (90 % = 4.684 Euro)
Hier liegt der Bruttolohn über der Beitragsbemessungsgrenze. Für die Berechnung des Krankengeldes (70 Prozent des Bruttolohns) zählt nur der Betrag bis zur Bemessungsgrenze, also 4.987,50 Euro (Stand 2023). Die 90 Prozent des gesamten Nettolohns bleiben jedoch als Berechnungsgrundlage.
Bruttolohn bis Beitragsbemessungsgrenze: 4.987,50 Euro (70 % = 3.491,25 Euro)
Nettolohn: 5.204 Euro (90 % = 4.684 Euro)
In diesem Fall läge das monatliche Brutto-Krankengeld bei rund 3.491 Euro. Nach Abzug der Sozialleistungen liegt das Netto-Krankengeld noch bei 3.054 Euro – Du müsstest also mit rund 2.150 Euro weniger pro Monat auskommen.
Wie kannst Du Krankengeld beantragen?
In der Regel prüft die Krankenkasse anhand der Krankmeldungen, ob und wann Du Anspruch auf Krankengeld hast. Dafür ist allerdings wichtig, dass Du die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) möglichst schnell bei Deiner Kasse einreichst.
Das geht meist online über das Mitgliederportal oder per App – oftmals musst Du die Krankmeldung nur abfotografieren und hochladen. Seit 2023 haben Arztpraxen die Möglichkeit, mit der elektronischen Krankmeldung (eAU) die Krankmeldung direkt digital an die Krankenkassen und Arbeitgeber zu versenden. Doch noch nicht alle Praxen nutzen die eAU.
Kontakt mit der Krankenkasse
Endet die Lohnfortzahlung Deines Arbeitgebers, hängt das weitere Vorgehen von Deiner Krankenkasse ab. Manche melden sich von selbst bei Dir und schicken Dir einen Fragebogen für das Krankengeld zu. Dort trägst Du in der Regel das Bankkonto ein, auf das das Krankengeld überwiesen werden soll. Zusätzlich werden oft auch Steuer-ID und Steuerklasse abgefragt.
Es gibt jedoch auch Krankenkassen, die von ihren Versicherten erwarten, dass sie sich selbst melden. Dafür stellen Sie die erforderlichen Formulare auf der Webseite zur Verfügung. Prüfe also frühzeitig, wie Deine Krankenkasse hier verfährt.
Auszahlung des Krankengeldes
Hat Deine Krankenkasse das Krankengeld berechnet, bekommst Du es in der Regel monatlich auf Dein Konto überwiesen. Wenn sich der Antrag hinzieht, kann das bedeuten, dass Du etwas auf das Krankengeld warten musst.
Zudem wird nur Krankengeld ausgezahlt, wenn auch eine AU vorliegt. Du musst Dich also weiterhin von Deinem Arzt krankschreiben lassen, idealerweise alle 4 Wochen. Auf diese Weise stellst Du sicher, dass Du Dein Krankengeld auch erhältst. Die Krankenkassen stellen das Krankengeld rückwirkend zum letzten Ausstellungsdatum der AU aus.
Häufige Fragen zu Krankengeld (FAQ)
Was passiert, wenn ich ein Attest nicht rechtzeitig einreiche?
Wenn Du das Attest bzw. die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) nicht rechtzeitig einreichst, kann es zu Verzögerungen bei der Auszahlung des Krankengeldes kommen. Denn Krankengeld wird erst dann ausgezahlt, wenn der Krankenkasse auch eine AU vorliegt. Viele Praxen übermitteln aber bereits Krankmeldungen per eAU elektronisch an die Kassen.
Kann ich in Urlaub fahren, wenn ich Krankengeld beziehe?
Urlaub ist für viele Erholung und kann zur Genesung beitragen. Sofern keine gesundheitlichen Bedenken dagegen sprechen, kannst Du auch mit Krankschreibung und Krankengeld-Bezug in den Urlaub fahren. Allerdings solltest Du einige Dinge beachten:
- Bei Reisen innerhalb Deutschlands bist Du nicht verpflichtet, Deine Krankenkasse zu informieren. Allerdings sollte sich die Reise nicht negativ auf Deine Genesung auswirken. Auch Termine der Krankenkasse, beispielsweise mit dem medizinischen Dienst, solltest Du für den Urlaub nicht schwänzen.
- Bei Reisen innerhalb der EU solltest Du die Zustimmung Deiner Krankenkasse einholen. Sie kann Dir die EU-Reise zwar nicht so einfach verbieten, weil sie Auswirkungen auf Deine Genesung vermutet. Allerdings kann sie ohne Zustimmung das Krankengeld aussetzen, wenn Du Dich im Ausland aufhältst. Auch hier sollte sich die Reise nicht negativ auf Deine Genesung auswirken und Du solltest keine wichtigen Termine verpassen.
- Bei Reisen außerhalb der EU musst Du Dir die Zustimmung Deiner Krankenkasse einholen. Hier sind es Einzelfallentscheidungen, ob die Krankenversicherung der Reise zustimmt oder nicht. Ein Anrecht hast Du jedoch nicht.
Author: Victoria Barnes
Last Updated: 1699442763
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